Wir beginnen die 3. Etappe unserer Tour auf dem Neiße-Radweg von Görlitz nach Bad Muskau an der Pension in Zgorzelec. Zgorzelec hat ca. 30.400 Einwohner und ist die ehemalige Oststadt der deutschen Stadt Görlitz. Die verstärkte Ausdehnung des Görlitzer Stadtgebietes Richtung Osten begann Ende des 19. Jahrhunderts. Im Ergebnis des 2. Weltkrieges wurde die Oststadt abgetrennt und unter polnische Verwaltung gestellt.
Wir fahren zunächst auf dem Radweg vom Neißepark entlang der Neiße bis zur 2004 wieder aufgebauten Altstadtbrücke, auf der wir die Neiße in Richtung Görlitz überqueren. vom Neißeradweg auf polnischer Seite sehen wir schon von Weitem die das Neißetal überragende Peterskirche in der Altstadt von Görlitz. Beim Überqueren der Neiße kommen wir an der rechts neben der Brücke liegenden Vierradenmühle vorbei. Sie war seit 1325 eine der drei großen Getreidemühlen der Stadt. Heute befindet sich an deren Stelle eine Turbinenhaus zur Stromerzeugung und eine Gaststätte, die den Namen der Mühle trägt. Nach Passieren der Brücke stehen wir de facto am Fuß der Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul und vor dem Waidhaus. Das Waidhaus, auch Renthaus genannt, ist der älteste erhaltene Profanbau von Görlitz. Es diente ursprünglich als Stapelhaus für die Färberpflanze Waid.
Die Pfarrkirche St. Peter und Paul, kurz Peterskirche genannt wurde von 1425 bis 1497 errichtet. Bereits 1230 stand an diesem Ort eine Basilika, deren Westbau bis heute erhalten blieb. Peter und Paul ist 72 m lang, 39 m breit und im Mittelschiff 24 m hoch. Sie ist eine der größten und bedeutendsten Hallenkirchen im Osten Deutschlands. Von der insgesamt prächtigen Ausstattung der Kirche ist die Sonnenorgel von 1703 mit 87 Registern auf vier Manualen und Pedal besonders interessant. Über den gesamten Prospekt sind 17 Sonnen verteilt, um die herum jeweils gleich lange Orgelpfeifen angeordnet sind, gewissermaßen als „Sonnenstrahlen“. Fünf der Sonnen sind stumm, 12 davon klingen als Neben- bzw. Effektregister.
Die Stadt Görlitz, die der Neißeradweg nur am Rande durchquert, wurde 1071 erstmalig in einer Urkunde Königs Heinrich IV. erwähnt. Sie ist heute die größte Stadt der Oberlausitz. Görlitz blieb im Zweiten Weltkrieg weitestgehend unzerstört. Die historische Altstadt blieb erhalten. Mit über 4000 restaurierten Kultur- und Baudenkmalen ist Görlitz heute das flächengrößte zusammenhängende Denkmalgebiet Deutschlands. Wir fahren weiter durch die NIkolaivorstadt. Es geht vorbei am Nikolaiturm, einem Turm, der schon vor 1250 Teil der Görlitzer Stadtmauer war und der Nikolaikirche. Die Nikolaikirche war bis 1372 die einzige Pfarrkirche der Stadt. Der Grundstein für das heutige Bauwerk wurde 1452 gelegt, danach stellte man die Bauarbeiten zugunsten der Peterskirche zurück. Die Weihe der Kirche erfolgte am 8. Mai 1520. Die Kirche wird heute als Ausstellungs- und Gedenkraum genutzt.
Über die Finstertorstraße und den Ziegeleiweg fahren wir entlang dem Alten Friedhof durch die Nikolaivorstadt und den Stadtteil Königshufen in Richtung Ortsteil Klingenwalde. Wir passieren dabei auch das Finstertor und das Scharfrichterhaus. Das Finstertor ist das einzige erhaltene Stadttor der Nikolaivorstadt. Bereits 1455 wurde es als „‚Tor bei dem Totenwächter“ erwähnt. Zwischen den Durchgängen konnte ein Fallgatter herabgelassen werden. Das angrenzende Fachwerkhaus dienste seit 1571 als Wohnung des Scharfrichters. Der hatte sich wegen seines unehrenhaften Berufes vor den Toren der Stadt anzusiedeln. Die Jahreszahl 1666 und die Inschrift „L.S.B.“ verweisen auf den Görlitzer Scharfrichter Lorenz Straßburger.
Der Weg führt uns weiter durch Klingenwalde, unter der Autobahn A 4 Dresden – Wroclaw hindurch in den 1305 erstmals erwähnten und 1999 eingemeindeten Ortsteil Ludwigsdorf von Görlitz. Hier kommen wir an der „Kunstmühle Ludwigsdorf“ vorbei. Die Mühle wurde bereits 1305 erwähnt. Sie war im Laufe der Zeit als Knochenstampfe, Graupenmühle, Kunstmühle (5 französische Mahlgänge) und kombinierte Roggen- und Weizenmühle in Betrieb. 1997 wurde die Produktion eingestellt. Seitdem dient die Mühle nach Umbau für Veranstaltungen und zur Erlebnisgastronomie „Mühlenromantik“.
An der Mühle vorbei erreichen wir die Ludwigsdorfer Dorfkirche. Sie ist eines der ältesten und wertvollsten Sakralgebäude Sachsens aus dem Jahre 1192. Die erste schriftliche Erwähnung der Kirche datiert aus dem Jahre 1346. Kurz hinter der Kirche biegen wir rechts ab in den als
„Neißetalweg“ ausgeschilderten Radweg in Richtung Zodel. Zodel wurde erstmals 1325 im Görlitzer Stadtbuch erwähnt. Mit der Festlegung auf dem Wiener Kongress 1815 kam Zodel von Sachsen nach Preußen. Es ist heute mit ca. 600 Einwohnern der größte Ortsteil der Gemeinde Neißeaue und damit Bestandteil der östlichsten Gemeinde Deutschlands. Die Zodeler Jesus-Christus-Kirche wurde 1346 das erste Mal urkundlich erwähnt und ist die östlichste Kirche Deutschlands.
Von Zodel fahren wir ca. 3 km weiter bis Deschka. Der Ort wurde als Rundplatzdorf angelegt und 1387 erstmals erwähnt. Nach dem Wiener Kongreß kam Deschka aus der damals sächsischen Oberlausitz nach Preußen. Seit 1999 gehört Deschka als Ortsteil zur Gemeinde Neißeaue. In Deschka biegen wir so ziemlich in der Ortsmitte rechts in die Auenstraße ein und fahren diese bis zum Ende in Richtung Neiße. Die Straße geht dann in einen mehr oder weniger breiten Trampelpfad über, der sich über die Wiesen entlang der Neiße schlängelt. Der Pfad ist aber auch mit einem Tourenrad befahrbar. Nach ca. 1600 m haben wir unser Ziel erreicht, den bei 51Grad 16 Minuten und 22 Sekunden nördlicher Breite und 15 Grad 02 Minuten 37 Sekunden östlicher Länge liegenden östlichsten Punkt Deutschlands. Hier findet man u.a. ein „Zipfelbuch“, in dem man seinen Besuch verewigen kann, ähnlich wie im Gipfelbuch im Gebirge.
Nachdem wir gerastet haben, fahren wir weiter durch die Wiesen und erreichen den Ort Zentendorf. Zentendorf wurde 1390 erstmals erwähnt und ist der östlichste Ort Deutschlands. Neben Zodel und Deschka ist Zentendorf einer von drei Orten in Deutschland, die östlich des 15. Langengrades liegen. In Zentendorf führt der Neiße-Radweg zunächst von dem Fluß weg und parallel zur Zentendorfer Straße durch ein Waldgebiet, um dann ca. 5 km nördlich den Abentuerfreizeitpark „Die geheime Welt von Turisede“ (ehemals „Kulturinsel Einsiedel“) zu erreichen.
Hier befindet sich an der Stelle der 1945 gesprengten hölzernen Wutbrücke ein 2008 neu errichteter Neißeübergang für Fußgänger und Radfahrer nach Bielawa Dolna (Nieder Bielau) mit einem kleinen Cafè mitten in der Neiße. Auf der polnischen Seite findet sich das Erlebnisdorf Bielawa Dolna.
Vom Abenteuerfreizeitpark fahren wir weiter die Neiße entlang und erreichen Nieder-Neuendorf. Der Ort wurde im 13. Jahrhundert von deutschen Siedlern als Gassendorf gegründet und 1376 erstmals schriftlich erwähnt. Das 1516 gegründete Rittergut gehörte über mehrere hundert Jahre der Familie von Nostitz. Wir durchqueren den Ort und setzen unsere Tour auf einem sehr gut präparierten Radweg in Richtung Rothenburg/Oberlausitz fort. Die Kleinstadt Rothenburg/Oberlausitz ist die östlichste Kleinstadt Deutschlands und wurde 1268 erstmals urkundlich erwähnt. 1815 fiel sie gemäß den Beschlüssen des Wiener Kongresses an Preußen.
Wir setzen unseren Weg entlang der Neiße in Richtung Steinbach fort, passieren den Ort Lodenau (1375) und erreichen südlich des zu Lodenau gehörenden Einzelgutes Ungunst eine interessante Stelle an der Neiße. Der Fluß bildet hier eine Schleife in Form einer fast 180 Grad-Kurve. Nur wenig später sehen wir am polnischen Neißeufer des Wasserkraftwerk Sobolice (Zoblitz). Das Wasserkraftwerk ist eines von mehreren polnischen Wasserkraftwerken an der Neiße.
Als nächsten Ort erreichen wir den zu Rothenburg/O.L. gehörenden Ortsteil Steinbach. Gegründet 1399, existierte seit dem 15. Jahrhundert hier ein Rittergut, dessen Hauptgebäude, ein Nebengebäude und Stallungen noch erhalten sind. Das gesamte Ensemble steht unter Denkmalschutz und ist im Privatbesitz. Hier sollte einmal u.a. eine Raststätte mit Biergarten für Wanderer und Radtouristen entstehen.
Wir fahren weiter am linken Neißeufer durch ausgedehnte Wälder und erreichen als Nächstes das Gassendorf Klein Priebus. Der Ort wurde 1382 erstmals urkundlich erwähnt . Heute ist Klein Priebus ein Ortsteil der Gemeinde Krauschwitz.
Auf der polnischen Seite der Neiße sehen wir hier das nächste Wasserkraftwerk Bukowa der polnischen Gemeinde Bucze (Buchwalde).
Wir setzen unseren Weg an der Lausitzer Neiße fort und erreichen nach einiger Zeit den Ort Podrosche. Podrosche ist ein Ortsteil der sächsischen Gemeinde Krauschwitz und wurde 1395 erstmal urkundlich erwähnt. Die achteckige Fachwerkirche im Ort wurde 1690 geweiht, im Mai 1907 durch Blitzschlag zerstört und anschließend als Massivbau, auch achteckig, wieder aufgebaut. Die Kirche steht auf einem sogenannten „Königsgrab“, einem ca. 8 – 10 m hohen künstlichen Hügel, die als Grabmäler für wendische Stammeshäuptlinge angelegt wurden. Gleiche Hügelgräber finden sich in Klein Priebus, Buchwalde und Werdeck. Das „Königsgrab“ in Podrosche, worauf die Kirche steht, ist um 1670 um etwa 7m abgetragen worden. Bereits im 18. Jahrhundert existierte eine Brücke über die Neiße, die Podrosche mit Priebus (heute Przewòz) verband. Die hölzerne Brücke wurde 1928 durch eine Stahlbetonkonstruktion ersetzt, 1945 gesprengt und 1994 wieder aufgebaut.
Wir verlassen Podrosche auf dem weiterhin gut ausgebauten Radweg an der Neisse. Als nächstes durchfahren wir den kleinen Rundweiler Werdeck (1521 erstmals erwähnt), heute eine Ortsteil von Krauschwitz. Nach weiteren 4 km Fahrt durch die waldreiche Muskauer Heide sind wir im kleinen Ort Pechern angelangt, der 1398 erstmal erwähnt wurde. Hier wurde die Pechherstellung beitrieben, daher der Ortsname. Wann die denkmalgeschützte Fachwerkkirche des Ortes erbaut wurde, ist unbekannt. Eine erste Aufzeichnung stammt aus dem Jahre 1593.
Am Ende von Pechern sehen wir ein Neisse-Wehr und am polnischen Ufer ein Wasserkraftwerk, das Kraftwerk Przysieka mit einer Leistung von 1,3 MW. Die Anlage wurde3 im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1962 wieder aufgebaut. Bei der Modernisierung 2004 baute man auch eine Fischtreppe ein. Links vom Kraftwerksgebäude ist die ehemals beliebte Ausflugsgaststätte „Hammerschänke“ zu erkennen.
Durch die Neisse-Auen und weitere Wälder führt unser Weg weiter nach dem 1366 erstmals erwähnten Skerbersdorf. Der Neisse-Radweg führt nun in zahlreichen Windungen durch ein großes Waldgebiet in Richtung Sagar. Der Ort wurde 1366 erstmal erwähnt und ist seit 1994 ein Ortsteil von Krauschwitz.
Von Sagar zu unserem heutigen Tagesziel, Bad Muskau bzw. Leknica sind es jetzt nur noch 5 km. Am Ortseingang von Bad Muskau erreichen wir eine jahrzentelang gesperrte Eisenbahnbrücke der früheren Bahnstrecke Lubsko – Bad Muskau. Nach Stilllegung der Strecke auf polnischer Seite wurde auf der Trasse ein Radweg angelegt, der über die Brücke führt und an den Oder-Neiße-Radweg anbindet. Um unsere Pension in Leknica aufzusuchen, müssen wir die Brücke überqueren und dem Bahntrassenradweg folgen. Leknica (Lugknitz) wurde 1505 erstmals erwähnt. Nördlich des Stadtgebietes befindet sich der polnische Teil des Fürst-Pückler-Parks Bad Muskau.
Länge der Strecke: 75,3 km
Verlauf der Strecke: Zgorzelec / Görlitz / Ludwigsdorf / Zodel / Deschka / Zentendorf / Kulturinsel Einsiedel / Nieder-Neundorf / Rothenburg/Oderlausitz / Lodenau / Steinbach / Klein Priebus / Podrosche / Pechern / Skerbersdorf / Sagar / Bad Muskau / Leknica
Beschaffenheit der Strecke: meist gut ausgebaute separate Radwege, wenig ruhige Landstraßen und Ortsdurchfahrten
Download der GPX-Datei : Neißeradweg 3