Die zweite Etappe des Neiße-Radweges wird uns von Liberec (Reichenberg) nach Görlitz bzw. Zgorzelec führen. Bevor wir uns aber auf den Weg begeben, nutzen wir die Gelegenheit, uns etwas näher in der Stadt Liberec (Reichenberg) umzusehen. Liberec ist mit ca. 104.000 Einwohnern die wichtigste und größte Stadt Nordböhmens. die Gegend um Liberec wurde ab dem 13. Jahrhundert von deutschen Siedlern erschlossen, die die Wälder in diesem kaum bewohnten Bereich des Handelsweges vom böhmischen Zentrum zur Ostsee rodeten. Liberec wurde 1352 als Reichenberg erstmals urkundlich erwähnt. 1577 wurde das Dorf Reichenberg durch Kaiser Rudolf II. zur Stadt erhoben.
Von unserer Pension im Stadtteil Frantiskov (Franzendorf) fahren wir in östliche Richtung in den Nordosten von Liberec. Nach Überquerung der Bahnlinie Liberec – Zittau sehen wir die Lausitzer Neiße wieder, die durch Liberec fließt und hier in Beton gezwängt wird. Wir passieren im Stadtteil Kristianov (Christianstadt) den zentralen Bus- und Straßenbahnterminal „Fügnerova“ und erreichen den Stadtteil Stary Harcov (Alt Harzdorf) mit der Talsperre Harcov. Die Talsperre wurde von 1902 bis 1904 errichtet und staut den Harcovsky potok (Harzdorfer Bach). Sie dient dem Hochwasserschutz und der Brauchwasserversorgung der Industrie. Der Anlaß für ihren Bau und den von 5 weiteren Talsperren in der näheren Umgebung war das Hochwasser von 1897 im Gebiet der Görlitzer Neiße. Die Staumauer besteht aus Bruchsteinmauerwerk, ist 19 m hoch, 157 m lang und auf der Krone 4,5 m breit.
Der Stausee hat ein Fassungsvermögen von 630.000 m³. Wir überqueren die Staumauer, genießen den herrlichen Ausblick auf die Stadt und den Stausee und fahren wieder Richtung Altstadt Liberec. Das nächste Highligt auf unserem Weg sind das alte und neue Schloß Liberec im Stadtteil Kristianov (Christianstadt). Das Schloß Liberec (Schloß Reichenberg) ist ein klassizistischer Bau im Zentrum der Stadt Liberec,. dessen heutige Gestalt aus dem 18. Jahrhundert stammt.
1538 errichtete Joachim von Bieberstein zunächst ein Herrenhaus, welches von 1583 bis 1587 zu einem Renaissanceschloß erweitert wurde. 1604/06 wurden an der Nordseite des Gebäudes eine Kapelle und ein Glockenturm errichtet. 1609 erfolgte der Bau des Nordflügels. 1773 bis 1776 erfolgte neben dem alten Schloß ein Neubau, das sogenannte Neue Schloß. Im alten Schloß befand sich ab 1850 das Amtsgericht und im Neuen Schloß ab 1927 ein Restaurant und die Schloßverwaltung. Seit 1933 befinden sich beide Gebäude in Staatsbesitz. Das Schloß diente als staatliche Landwirtschafts- und Forstverwaltung und Ingenieursschule. Ab 1986 übernahme eine Glasexport-Firma das Neue Schloß. Diese Firma besaß eine der größten Glassammlungen der Welt mit ca. 20.000 Exponaten. 2001 ging die Firma konkurs, die Sammlung wurde versteigert. Das Schloß ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, nur die Renaissance-Kapelle wird für Hochzeiten genutzt. Nach der Aussenbesichtigung der beiden Schlösser und des kleinen, aber sehr schönen Schloßparks, ist es nur ein Katzensprung bis in die Altstadt zum Rathaus von Liberec.
Das Rathaus am Altstädter Platz wurde von 1890 bis 1893 errichtet. Der Architekt orientierte sich am Wiener Rathaus, wählte aber statt Gotik die deutsche Niorenaissance als Baustil, was durchaus als politische Aussage verstanden werden kann. Der Hauptturm ist 65 m hoch und wird von der Statue eines Rolands gekrönt. Im Inneren besitzt das Gebäude eine prächtige Ausstattung mit Bleiglasfenstern, Decken- und Wandmalereien sowie Holzvertäfelungen. Gegenüber dem Rathaus sehen wir den Neptunbrunnen. Der ursprüngliche Brunnen bestand aus Holz und diente dem Schöpfen von Trinkwasser.
1826 ersetzte der Neptunbrunnen den alten, hölzernen Brunnen. Unmittelbar hinter dem Rathaus befindet sich das sehenswerte Theater der Stadt. Es wurde 1885 erbaut, nachdem 1879 der Vorgängerbau, das Tuchmachertheater, abbrannte. Bis 1945 verfügte das Theater nur über deutschsprachige Ensembles und war unter den Namen „Reichenberger Stadttheater“ bekannt. Die Statuen und Ornamente wurden aus Pirnaer Sandstein hergestellt.
Wenige Meter östlich des Rathauses befindet sich die evangelische Stadtkirche von Liberec, die Kirche des Hl. Antonius des Großen. Sie wurde im Jahre 1588 fertiggestellt und gilt als das erste gemauerte Bauwerk der Stadt. Der Turm ist 70 m hoch und bildet eine Dominante von Liberec. Im Innern ist sie schlicht im protestantischen Geist gehalten – sehenswert ist der 10 m hohe Hauptaltar. Nordöstlich der Kirche finden wir die ältesten erhaltenen Häuser der Stadt, sie sogenannten „Waldstein-Häuser“. Die Umgebindehäuser entstanden in den Jahren 1671 bis 1681 unter Albrecht von Waldstein, der die Herrschaft Reichenberg 1622 gekauft hatte. In ihnen wohnten Handwerker und Tuchmacher. Sie werden oft fälschlich auch als „Wallensteinhäuser“ bezeichnet – eine Legende, das Albrecht von Wallenstein bereits 1634 ermordet wurde. Wir machen uns nun auf den Weg zum Neiße-Radweg. Wir fahren von Stare Mesto (Altstadt) nach Nove Mesto (Neustadt) von Liberec. Auf unseren Weg kommen wir noch an der katholischen Kirche der Hl. Jungfrau Maria vorbei, die ob ihres ungewöhnlichen Erscheinungsbildes auffällt. Der Bau dauerte von 1908 bis 1911. Die Verwaltung übernahme der Kapuzinerorden aus Tirol und schloß ein kleines Kloster an die Kirche an. Zur Zeit ist beides geschlossen. Wenige hundert Meter nachdem wir die Kirche passiert haben, biegen wir rechts von der Straße ab und haben den Neiße-Radweg, der hier recht gut ausgebaut ist, erreicht. Wir folgen nun der Neiße auf den nächsten Kilometern. Hinter dem Stadtteil Ruzodol (Rosenthal) verlassen wir Liberec und erreichen Straz nad Nisou (Habendorf). Hier mündet die Schwarze Neiße in die Lausitzer Neiße. Der Ort wurde 1444 erstmals erwähnt. Von Straz nad Nisou führt der Neiße-Radweg weiter nach Machnin (Machendorf) und von dort zu einer spektakulären Neiße-Überquerung bei der ehemaligen Burg Hamrstejn (Hammerstein). Die Burg wurde 1350 von den Herren von Bieberstein erbaut, 1433 von den Hussiten eingenommen. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Burg verlassen. Heute sind nur noch die beiden Türme und Teile der Außenmauer erhalten. Unterhalb der Burg befindet sich eine mit Hand betriebene Schwebefähren über die Neiße.
Nach der abenteuerlichen Flußüberquerung setzen wir unseren Weg immer an der Neiße entlang in Richtung Andelská Hora (Engelsberg) fort. Der Ort wurde 1547 gegründet und 1549 als Bergstadt erwähnt. Es waren deutsche Bergarbeiter, die vom 14. bis ins 19. Jahrhundert in den umliegenden Bergen Silber, Eisen und Kupfer abbauten.
Heute ist der Ort nur noch ein Siedlungsgebiet der Stadt Chrastava (Kratzau). Im Zentrum von Andelska Hora steht auf einem Berg die Backsteinkirche „Unserer Lieben Frau vom Schnee“ von 1838. Die Kirche ist seit 2001 innen leer und dient als Atelier und Ausstellungshalle. Von Andelska Hora ist es nur ein kleines Stück bis nach Chrastava (Kratzau). Die Kleinstadt wurde 1352 erstmalig erwähnt. Die ersten Bewohner waren Bergleute aus dem sächsischen Pirna, die in der Umgebung Zinn, Blei, Silber, Gold und Kupfer abbauten. 1527 erhielt der Ort das Stadtrecht. In Chrastava mündet der Jerice (Görsbach) in die Lausitzer Neiße.
Von Chrastava fahren wir weiter nach Bily Kostel nad Nisou (Weißkirchen an der Neiße), das 1352 erstmals erwähnt wurde. Im Ort sehen wir die Kirche des Hl. Nikolaus, ein im 17. Jahrhundert errichteter und 1679 um den Kirchturm erweiterter Bau. 1721 erhielt die Kirche ihre endgültige, heutige barocke Gestalt. von Bily Kostel nad Nisou führt unser Weg weiter an der Neiße entlang über Dolny Sucha (Nieder Berzdorf), Chotyne (Ketten) nach Grabstejn (Grafenstein).
Grabstejn liegt zwar nicht direkt an der Neiße, aber der kleine Umweg ist wegen der Burg durchaus lohnenswert. Die Burg Grabstejn (Grafenstein) stammt aus dem 13. Jahrhundert. Ab 1562 erfolgte der Umbau zu einem Renaissanceschloß. Im Dreißligjährigen Krieg eroberten die Schweden die Burg und nutzten sie als Lazarett und Versorgungsbasis. Zugänglich sind heute alte Kellerräume mit Ausstellungen, der Kriegsturm mit einer Aussichtsplattform und die Schloßkapelle. In den unterirdischen Räumen befinden sich ein Verließ und die Folterkammer, die ebenfalls besichtigt werden können. Für eine Pause bietet sich eine kleine Gaststätte im Burghof an.
Nach Besichtigung der Burg und Stärkung in der Burggaststätte setzen wir unsere Fahrt den Berg hinab nach Hradek nad Nisou fort. Hradek nad Nisou (Grottau) ist eine der ältesten Stadtsiedlungen an der Lausitzer Neiße und erhielt 1260 das Stadtrecht. Zur gleichen Zeit siedelten sich hier Franken an, die vom Ackerbau, Handwerk und Handel lebten. Die Kirche des Hl. Bartholomäus wurde bereits 1268 erbaut und 1466 nach der Vernichtung durch die Hussiten wieder errichtet. Die evangelische Friedenskirche wurde von 1900 bis 1901 errichtet und war ein Geschenk der Kirchengemeinde Lückendorf-Oybin.
Von Hradek nad Nisou führt uns der Weg weiter in Richtung Grenze. Wir kommen am Kristynasee vorbei, einem ehemaligen Tagebau. Hier wurde bis 1972 Lignit abgebaut. Dann wurde der Tagebau geflutet und es entstand ein 14 ha großer See als Naherholungsgebiet der Stadt. Ab hier bildet die Neiße auch die Grenze zwischen Deutschland und Tschechien. An der Neiße entlang geht es nun zur Grenze Deutschland, Polen, Tschechische Republik – dem „Dreiländereck“. Hier fließt der Ullersdorfer Bach, der die Grenze zwischen Polen und Tschechien bildet, in die Neiße. die ab hier die Grenze zwischen Deutschland und Polen bildet. Von Tschechien aus kann man über eine kleine Brücke den Ullersdorfer Bach und damit die tschechsch-polnische Grenze überqueren. Bis 1945 existierte ca. 200 m stromabwärts auch eine Neißebrücke, die „Himmelsbrücke“. Seit 20 Jahren ist eine Brücke über Neiße und Ullersdorfer Bach geplant. Wann sie kommt steht in den Sternen.
Nach einer Rast am Dreiländereck fahren wir auf der polnischen Neißeseite weiter in Richtung Zittau. In Zittau wechseln wir wieder auf die deutsche Seite. Die Stadt selbst werden wir nicht besuchen. Wir sehen uns am Ortsrand lediglich das imposante Gebäude der ehemaligen Mandau-Kaserne an. Das burgartige, unter Denkmalschutz stehende Gebäude gehört zum stadtbildprägenden., baukulturellen Erbe Zittaus. Die Kaserne des Königlich Sächsischen 3. Infanterieregiments Nr. 102 wurde 1868 /69 errichtet und bis 1918 militärisch genutzt. Das Gebäude ist 25 m hoch, 120 m lang und verfügt über 200 Räume. Es hat eine Grundstücksfläche von 13.243 m² und eine Wohnfläche von 7.000 m².
Dieses für damalige Verhältnisse modern ausgestattete Garnisonsgebäude mit Zentralheizung, Dampfküche und getrennten Wohn- und Schlafräumen bot 1.200 Soldaten Unterkunft. Die weithin sichtbaren Zinnen der Ecktürme vermitteln den Eindruck einer wehrhaften Festung bzw. Burganlagen. Zur Zeit steht das Gebäude leer und harrt einer neuen Nutzung. Wenige Meter weiter auf der rechten Straßenseite sehen wir die Hospitalkirche. Das Hospital in der ehemaligen böhmischen Vorstadt bestand schon 1303. Die Gründung der Kirche geht auf Kaiser Karl IV. zurück, der hier Mitte des 14. Jahrhunderts eine gotische Saalkirche errichten ließt. In den Hussitenkriegen und im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche jeweils zerstört und immer wieder aufgebaut, ebenso wie bei der Beschießung der Stadt 1757. Der jetzige Bau stammt von 1778, Altar und Kanzel von 1680, die Empore von 1617.
Für den Rückweg zur Neiße nutzen wir den Radweg an der Mandau, die durch Zittau fließt. Die Mandau ist ein 41 km langer Nebenfluß der Neiße, der in Nordböhmen entspringt und bei Zittau in die Neiße mündet. Auf unserem weiteren Weg entlang der Neiße unterqueren wir den imposanten Neiße-Viadukt, eine der größten und ältesten Eisenbahnbrücken Deutschlands. Der Viadukt überspannt mit 39 Bögen und 745 m Länge das Neißetal. Er wurde am 1.12.1859 mit der Eisenbahnstrecke Zittau-Reichenberg (Liberec) eröffnet.
Als nächstes erreichen wir den Ort Hirschfelde. Er wird 1310 erstmals erwähnt, ist jedoch wesentlich früher entstanden. Die Kirche wurde bereits 1299 geweiht und zu diesem Zeitpunkt bestand auch bereits eine Johanniter-Kommende. Der Status des Ortes hat sich über die Jahrhunderte mehrfach geändert. Von Stadt über Städtlein, Flecken, Dorf zur Landgemeinde. Heute ist Hirschfelde ein Ortsteil der Stadt Zittau.
Die recht unscheinbare katholische Kirche „Konrad von Parzham“ in Hirschfelde wurde 1934/35 gebaut, da die benachbarte Kirche „St. Peter und Paul“ mit der Reformation an die ev.-luth. Gemeinde überging und das katholische Leben in Hirschfelde erlosch. Erst im 19. Jahrhundert zogen wieder katholische Arbeiter nach Hirschfelde. Neben der Kirche steht das „Pilgerhäusl“ auf dem ehemaligen Gelände der Komturei des Johanniterordens, am neue belebten Zittauer Jacobsweg von Görlitz nach Prag.. Es ist ein Anfang des 18. Jahrhunderts errichtetes Umgebindehaus, welches zu einer Pilgerherberge umgebaut wurde. Im Zentrum des Ortes an der B99 finden wir die evangelische Kirche „St. Peter und Paul“. Sie ist die älteste Kirche der Region. Wir verlassen den Ort und fahren über den Ortsteil Rosenthal wieder direkt an die Neiße. Die nächsten Kilometer, bis zum Koster Marienthal führt der Weg unmittelbar am Neißeufer entlang durch herrliche, dichte Wälder.
Ca. 1 km vor dem Kloster Marienthal steht auf einem Felsen am linken Wegesrand ein Holzkreuz, darunter in einer Felsnische eine Christusfigur. Es handelt sich hier um einen Andachtsort, der bereits seit 1774 existiert. Bis ins 19. Jahrhundert konnten die Schwestern des Klosters zum Kreuz spazieren. Mit der Verschärfung der Klausurregeln 1870 durch Papst Pius IX. war das den Zisterzienserrinnen nicht mehr möglich. Daher stammt der Name „Verlassenes Kreuz“.
Kurz nach der Passage des verlassenen Kreuzes erreichen wir das in einer Neißebiegung am südlichen Ende der Stadt Ostritz gelegene Zisterzienserinnen-Kloster St. Marienthal. Das Kloster wurdee 1234 gegründet. Es überstand die Hussitenkriege, den Nordischen Krieg, die Reformation und den II. Weltkrieg ebenso, wie die zahlreichen Hochwasser der Neiße. Heute gehören 16 Schwestern zum Konvent des Klosters. Es gibt ein Internationales Begegnungszentrum, sowie ein Pflegeheim für behidnerte Frauen und Mädchen und einen Hof für behinderte Männer. Der weitläufige Klosterkomplex ist kulturhistorisch bedeutsam und wird jährlich von tausenden Touristen besucht.
Bevor wir nach der Besichtigung das Kloster in Richtung Ostritz verlassen, bietet sich eine Rast in der vor der nördlichen Klosterpforte gelegenen Klosterschänke an.
Wir fahren durch den Ortsteil St. Marienthal und erreichen nach 2 km entlang der Neiße das Zentrum von Ostritz. Die Kleinstadt erstreckt sich entlang des Westufers der Lausitzer Neiße und wurde 1007 erstmals erwähnt. Durch die Grenzziehung nach dem II. Weltkrieg befindet sich der Bahnhof jetzt auf polnischem Gebiet am Ostufer der Neiße. Über eine Fußgängerbrücke ist er jedoch zu erreichen.
Auf unserem Weg fahren wir am Rand des Ortsteils Leuba von Ostritz entlang und passieren dabei auch die Apelt-Mühle. Es ist eine ehemalige Wassermühle, die seit den 70er Jahren außer betrieb ist. Bis in die 90er Jahre wurde sie noch als Lager genutzt, und steht seitdem leer. Die Mühle enthielt auch ein kleines Wasserkraftwerk zur Stromerzeugung, welches wieder in Stand gesetzt werden soll.
Wir setzen unseren Weg Richtung Hagenwerder fort, biegen aber am Abzweig der Straße 357 von der B 99 rechts ab und überqueren die Neiße nach Polen in Richtung Radomierzyce (Radmeritz). In Radomierzyce mündet die Witka (Wittig), die nach der Teilung der Oberlausitz auf dem Wiener Kongress 1815 die Grenze zwischen den Königreichen Preuße und Sachsen bildete, in die Neiße. In Radomierzyce finden wir auf einer künstlich angelegten Insel an der Einmündung der Witka das Freie Weltadelige Evangelische Fräuleinstift Joachimstein zu Radmeritz von 1722. Das Stift galt als das schönste Wasserschloß der Oberlausitz und diente der Versorgung lediger adliger Frauen der Oberlausitz. Mit Grenzziehung nach dem II. Weltkrieg endete das Bestehen des Stifts. Die Stiftsdamen wurden vertrieben, das Schloß ausgeplündert. Die Gebäude blieben ungenutzt und verfielen. 2003 erwarb ein polnischer Investor die Anlage und begann mit der Sanierung.
Die Kirche der Hl. Peter und Paul wurde an der Stelle eines Vorgängerbaus aus dem 13. Jahrhundert errichtet. Der Bau dauerte von 1698 bis 1713. In der Kirchenmauer ist der Grabstein eines Ritters „von Lossow“ eingelassen, der 1313 starb. Weitere Grabplatten des 16. und 17. Jahrhunderts mit lebensgroßen Darstellung der adligen Verstorbenen befinden sich an der Außenwand der Kirche. Von Radomierzyce aus fahren wir auf der polnischen Neißeseite weiter auf dem „Grünen Radweg“ in Richtung Zgorzelec. Kurz hinter Radomierzyce haben wir einen wunderschönen Blick über die Neiße auf den Hausberg von Görlitz, die 420 m über NN hohe Landeskrone. Wir fahren weiter immer an der Neiße entlang und parallel zum Berzdorfer See auf deutscher Seite, einem 2013 gefluteten 330 Mio. m³ großen und 72 m tiefen Restloch des ehemaligen Braunkohletagebaus Berzdorf. Der Berzdorfer See ist damit einer der größten Seen Sachsens.
Kurz vor dem Stadtrand von Zgorzelec (Görlitz) treffen wir auf eine Gedenkstätte für da ehemalige Stalag VIII A der ‚Wehrmacht. Das Kriegsgefangenlager existierte von 1939 bis 1945 auf einem 18 ha großen Feld im ehemaligen Görlitzer Stadtteil Moys, heute Ujazd von Zgorzelec. Es war das erste im Wehrkreis Breslau und diente am Anfang der Unterbringung von 15.000 polnischen Gefangenen. Insgesamt gingen ca. 120.000 Kriegsgefangene verschiedener Nationen durch dieses Lager, Engländer, Franzosen, Serben, Jugoslawen, Italiener, Sowjets und US-Soldaten.
Nach dem Passieren der Gedenkstätte folgen wir dem Grünen Radweg in Richtung Zgorzelec, überqueren das Flüsschen Czerwona Woda (Rothwasser) und biegen dann links in den Roten Radweg ein. Czerwona Woda ist ein 22 km langer rechter Nebenfluß der Neiße, der in Tschechien entspringt und im Stadtteil Ujazd von Sgorzelec in die Neiße mündet. Der Rote Radweg bringt uns durch den Park Ujazdowski wieder zurück an die Neiße. Wir unterqueren das Neißeviadukt der Bahn und sehen im Park Nadnyski (Flussufer Park) das imposante Gebäude des Kulturhauses vor uns. Vorbei an der katholischen Kirche des Heiligen Bonifacius erreichen wir schließlich die Pension, in der wir übernachten.
Länge der Strecke: 85,4 km
Verlauf der Strecke: Liberec (Reichenberg) / Machnin (Machendorf) / Andelska Hora (Engelsberg) / Dolny Chrastava (Nieder Kratzau) / Bily Kostel nad Nisou (Weißkirchen an der Neiße) / Dolny Sucha (Nieder Berzdorf) / Chotyne (Ketten) / Grabstejn (Grafenstein) / Hradek nad Nisou (Grottau) / Zittau / Hirschfelde / St. Marienthal / Ostritz / Leubau / Radomierzyce (Radmeritz) / Zgorzelec
Beschaffenheit der Strecke: separate Radwege, gut befahrbare Waldwege, wenig befahrene Straßen
Download der GPX-Datei: Neißeradweg 2 Liberec-Zgorzelec