Die letzte Etappe auf dem Neiße-Radweg führt uns von Bad Muskau zur Mündung in die Oder bei Ratzdorf. Wir starten in Leknica und überqueren die Postbrücke, die die Neiße als Grenzbrücke nach Bad Muskau überspannt. Von der Brücke ergibt sich ein wunderbarer Blick stromabwärts über die Neiße, die hier ein beachtliche Breite erreicht und 2 Inseln, die größere Wehrinsel und die kleinere Jeanetteninsel umspült.
Bad Muskau wurde an der Stelle einer slawischen Fluchtburg im 13. Jahrhundert durch deutsche Kolonisatoren gegründet und 1249 erstmals urkundlich erwähnt. 1452 erhielt Bad Muskau das Stadtrecht. Die Stadt besitzt eine Sole-Quelle und eine einzigartige Vitriol-Quelle und trägt seit 1961 die Zusatzbezeichnung „Bad“. Nachdem wir die Grenzbrücke überquert haben, biegen wir sofort rechts ab und erreichen den Fürst-Pückler-Park, der die Stadt Bad Muskau international berühmt gemacht hat.
Fürst Hermann von Pückler-Muskau, wollte seine Stadt nach eigenen Worten durch einen herrlichen und großen Garten verschönern und rief die Bürger von Muskau 1815 zur Anlage eines Landschaftsparks auf. Er erwarb Grundstücke zur Schaffung eines geschlossenen Parkareals, ließ das Dorf Köbeln umsiedeln und legte ab 1815 den Park mit innovativen Konzepten an. Mit einer Gesamtfläche von 830 Hektar ist er der größte Landschaftspark Zentraleuropas im englischen Stil. Der Park ist seit 2004 eine der wenigen staatenübergreifenden Welterbestätten, da sich (bedingt durch die Grenzziehung nach dem Zweiten Weltkrieg) 370 ha auf polnischem und 200 ha auf deutschem Gebiet befinden. Da Radfahren im Park erlaubt ist, können wir uns vor der Weiterfahrt auch etwas umsehen.
Nach Verlassen des Parks stromabwärts erreichen wir den Uferweg, dem wir in Richtung Köbeln folgen. Köbeln ist heute ein Ortsteil von Bad Muskau, wurde aber erst um 1590 erstmal urkundlich erwähnt. Der Ort wurde ab 1815 durch Fürst Pückler von der rechten Neißeseite auf die linke Seite des Flusses umgesiedelt, um rechtsseitig Platz für den neuen Landschaftspark zu schaffen.
Nach der Durchquerung des Ortes erreichen wir das Naturschutzgebiet Zerna. Die Grenze des NSG ist auch gleichzeitig die Grenze der Bundesländer Sachsen und Brandenburg. In dem 16,5 ha großen Gebiet recken sich Weißtannen, Buchen, Birken, Fichten, Kiefern und Tannen fast 50 m in den Himmel. Die Tannen und Fichten sind ca. 120 bis 160 Jahre alt, da das Gebiet nie forstwirtschaftlich genutzt wurde. Hier wird die Neiße durch hohe Hänge begrenzt und fließt noch immer in ihrem natürlichen Flußbett.
Nach dem Verlassen des NSG Zerna fahren wir durch Pusack, einem Wohnplatz der Gemeinde Neiße-Malxetal mit ca. 30 Einwohnern. Pusack entstand ursprünglich vor dem 19. Jahrhundert als Pechofen der Gemeinde Groß Särchen (heute Zarki Wielki in Polen). Die Neißebrücke nach Groß Särchen wurde 1945 von der Wehrmacht gesprengt und nach der neuen Grenzziehung nicht wieder aufgebaut. In Pusack passieren wir die Grenzerquelle, die in der Grenzerquellenschlucht entspringt und sehr eisenhaltiges Wasser führt. Der Neiße-Radweg führt dann immer wieder durch ausgedehnte Wälder bis nach Zelz.
Zelz wurde 1513 erstmal urkundlich erwähnt und gehörte als Rittergut zur Herrschaft Pförten (heute Brody Polen). 1945 wurde das östlich der Neiße gelegene Ortszentrum (heute Siedlec) durch die Festlegung der Oder-Neiße-Grenze abgetrennt. Seit 2001 gehört Zelz zur neuen Gemeinde Neiße-Malxetal. 2008 wurde in Zelz eine neue Neißebrücke für Fußgänger und Radfahrer errichtet. Seitdem findet jährlich am zweiten Septembersamstag das deutsch-polnische Brückenfest statt. Südöstlich von Zelz befindet sich der östlichste Punkt Brandenburgs. Der nächste Ort, den wir auf unserem Weg erreichen ist Bahren, ein Gemeindeteil von Neiße-Malxetal mit ca. 20 Einwohnern. 1492 wurde Bahren erstmals erwähnt. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Bahren eine Neißebrücke Richtung Buchholz (heute Polen), die 1945 durch die Wehrmacht gesprengt wurde. Seitdem ist Bahren ein Sackgassendorf. Der Neiße-Radweg führt von Bahren weiter unter der Autobahn A15 Cottbus – Wroclaw hindurch nach Klein Bademeusel, einem Ortsteil der Stadt Forst.
Klein Bademeusel wurde 1495 erstmals urkundlich erwähnt und war eine Kämmerei der Herrschaft Forst, gehörte somit zur böhmischen Krone. 1635 kam der Ort zu Sachsen und 1815 zu Preußen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges verband eine Straßenbrücke über die Neiße den Ort mit der Ortschaft Triebel (heute Trzebiel – Polen). Wie im benachbarten Bahren wurde die Brücke 1945 durch die Wehrmacht gesprengt. Klein Bademeusel ist seitdem ebenfalls ein Sackgassendorf. Nach der Ortsdurchquerung fahren wir weiter vorbei an dem 1346 erstmals erwähnten Groß Bademeusel in Richtung Forst/Lausitz. Auf unserem Weg fahren wir an einem weiteren Wasserkraftwerk vorbei, dem 1905 in Betrieb genommenen Kraftwerk Skaren – heute Zasieki, mit einer Leistung von 1280 MW. Schließlich erreichen wir nach einer entspannten Fahrt auf dem Neißedeich die Stadt Forst (Lausitz).
Forst (Lausitz) bildete sich um 1150 als Kaufmannssiedlung an einem Neißeübergang der Salzstraße Halle – Glogau. Ab 1265 entwickelte sich daraus die im 14. Jahrhundert erstmals als solche bezeichnete Stadt. Heute ist sie Kreisstadt des Brandenburger Landkreises Spree-Neiße. 2004 erhielt die Stadt den Titel „Rosenstadt“. Zum 25. Thronjubiläum Kaiser Wilhelm II. im Juni 1913 wurde in Forst eine Rosen- und Gartenbauausstellung eröffnet. Seit 1993 trägt die Ausstellung den Namen „Ostdeutscher ‚Rosengarten“ und ist ein Baudenkmal. Auf 17 Hektar vereint er rund 1000 Rosenarten auf zentrausenden Rosenstöcken. Ergänzt wird die Anlage, die auf zwei ehemaligen Flussinseln angegelegt wurde durch verschiedene Themengärten, wie Frühlings-, Heide- oder Daliengarten. Das im englischen Stil angelegte Ensemble wurde 2009 als „Deutschlands schönster Park“ ausgezeichnet.
Forst hatte vor dem Krieg zwei Brücken, die es mit dem östlich der Neiße liegenden Stadtteil Berge (heute Zasieki – Polen) verband. Die Fußgängerbrücke endete direkt vor dem Finanzamt in Forst-Berge und wurde deshalb im Volksmund auch „Seufzersteg“ genannt. Bis 1921 gab es neben dem Seufzersteg nur eien 1863 gebaute Holzbrücke – die Lange Brücke – nach Berge. 1922 wurde diese Holzbrücke durch eine Betonbrücke ersetzt. Eine dritte Brücke existierte als Holzbrücke südlich der Bahnschienen in die östliche Siedlung Skurum. Alle 3 Brücken wurden 1945 durch die Wehrmacht gesprengt. Im Gegensatz zu den beiden ersten Brücken wurde die südliche Holzbrücke danach komplett abgetragen.
Wir verlassen Forst auf dem Neiße-Radweg und unterqueren nördlich der Stadt die 2002 neu errichtete „Brücke der Europäischen Union“, die nach 62 Jahren eine neue Straßenverbindung von Forst nach Zasieki eröffnete. Den kleinen Ort Sacro, 1300 erstmals urkundlich erwähnt, heute ein Ortsteils von von Forst passieren wir am östlichen Ortsrand. Hier finden wir die nächste Brücke, die 1945 gesprengte „Trott zu Solz Brücke“ über die Neiße. Über sie führte die Straßenverbindung nach Jähnsdorf (heute Janiszowice, Polen).
Von Sacro führt uns der Neißeradweg nach Briesnig, wo er als Bahntrassenradweg auf der ehemaligen Bahnstrecke Forst – Guben bis nach Grießen verläuft. Die Bahnlinie Forst – Guben, immer entlang der Neiße, wurde 1904 eröffnet und 1995 stillgelegt.
Grießen wurde erstmals 1451 urkundlich erwähnt und ist ein Ortsteil von Jänschwalde. Das Straßenangerdorf ist vom Rest des Gemeindegebiets vom Braunkohlentagebau Jänschwalde abgetrennt. Der Tagebau grenzt unmittelbar an den westlichen Ortsrand, an dem sich auch zwei Aussichtspunkte befinden, von denen man einen guten Ausblick auf den Tagebau und das gleichnamige Kraftwerk hat. Die Dorfkirche von Grießen ist eine aus dem 15. Jahrhundert stammende Wehrkirche aus Feldsteinen. Sie steht unter Denkmalschutz..
Vom Aussichtspunkt des Tagebaus fahren wir zurück zum Neiße-Radweg. Dazu müssen wir das Dorf durchqueren. Am Ende der Dorfstraße führt der Radweg in vielen Kurchen steil bergab. Er ist aber gut ausgebaut, trotzdem vorsichtig um die Kurven fahren. Der Weg endet direkt vor dem Wasserkraftwerk Grießen. Es wurde 1927 bis 1929 gebaut, 1945 zerstört und wieder aufgebaut, 1967 stillgelegt und 1993 wieder in Betrieb genommen. Das technische Denkmal erzeugt Strom mit einer 500 kW-Turbine, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Wer die Mühe nicht scheut, kann die schmalen Stufen der Wendeltreppe im Kraftwerksturm erklimmen und wird auf der Aussichtsplattform mit einem weiten Blick über die Neißeaue belohnt.
Auf unserem Weg in Richtung Groß Gastrose passieren wir das 1722 erstmals erwähnte Vorwerk Albertinenaue, heute ein Gemeindeteil von Taubendorf, einem Ortsteil der Gemeinde Schenkendöbern. Hier in Albertinenaue gibt es eine Fußgängerbrücke über die Neiße, die 1945 ebenfalls zerstört wurde, aber noch passierbar war. Von 1945 bis 2007 war sie mit einem Sperrzaun gesichert. Nach dem Schengener Abkommen installierte die Groß Gastroser Freiwillige Feuerwehr eine Treppe, um auf die Brücke zu gelangen. Nun kann man die Neiße wieder als Fußgänger passieren.
Vorbei an Groß Gastrose (1382 erstmals erwähnt), Klein Gastrose (1480 erstmals erwähnt) und Schlagsdorf (1158 erstmals erwähnt) setzen wir unser Fahr entlang der Neiße nach Guben fort. In Schlagsdorf finden wir die nächste, ehemalige Neißebrücke. Sie verband den Ort mit dem Ort Schenkendorf (heute Sekowice, Polen) auf der anderen Neißeseite. Die Brücke wurde 1945 ebenfalls gesprengt. Außerdem besaß Schlagsdorf einen Bahnhof an der Strecke Forst – Guben, die 1904 ein Betrieb genommen und 1995 eingestellt wurde.
Ein kurzes Stück hinter Schlagsdorf haben wir bereits die 1033 erstmals als Handwerkersiedlung erwähnte Stadt Guben erreicht. Das eigentliche Zentrum der Siedlung, die 1235 das Stadtrecht erhielt, lag östlich der Neiße. Heute bildet die ehemalige Altstadt die polnische Stadt Gubin. Auf unserer Fahrt in die Stadt passieren wir zunächst eine Bahnbrücke über die Neiße. über die die Bahnlinie Guben – Zagan als Bestandteil der Strecke Berlin – Breslau verlief. Der Personenverkehr wurde 1945 eingestellt, Güterverkehr gab es nur in Ausnahmefällen. Auf polnischer Seite wurden der Personenverkehr 1986 und der Gütervkerkehr 1994 eingestellt.
Im Zentrum von Guben fahren wir an der Grenzbrücke vorbei und sehen auf der polnischen Seite das Wasserkraftwerk Gubin. Es ist eines von 6 Kraftwerken an der Neiße und wurde 1905 erbaut und mehrfach modernisiert. Ein Stückchen weiter kommen wir in der Kirchstraße an der Klosterkirche vorbei. Sei steht auf einem Grundstück, auf dem Ende des 12. Jahrhunderts durch Kaiser Barbarossa ein Benediktinerinnenkloster errichtet wurde. 1429 wurde es, wie die gesamte Stadt von den Hussiten zerstört. Bis 1562 wurden die Reste der Anlage durch das Salzamt genutzt, daher auch der Name „Salzkloster“. 1860 waren die Reste des Klosters abgerissen und auf dem Gelände wurde bis 1862 eine Kirche, die heutige Klosterkirche errichtet.
In der Uferstraße fahren wir an der ehemaligen Berlin-Gubener Hutfabrik vorbei, in der seit November 2006 die Fertigungsstätte für den Plastinator Gunther von Hagens eingerichtet wurde. Wenige hundert Meter weiter biegt der Neiße-Radweg wieder zum Neißeufer ab und wir erreichen den ehemaligen Hafen von Guben. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Neiße für die Schifffahrt genutzt. 1906 wurde der Hafen als Umschlaghafen u.a. für die Verschiffung von Sand nach Berlin eröffnet. Das Ende kam mit dem Zweiten Weltkrieg. Übrig geblieben vom Alten Hafen sind nur ein historisches Speichergebäude, die Kaimauer und eine Draisine, die als Rastplatz gestaltet ist. Direkt am Hafen befand sich auch die 1945 gesprengte Nordbrücke über die Neiße, deren Reste heute noch zu sehen sind.
Wir verlassen die Stadt Guben und fahren durch den Ortsteil Grunewald nach Groß Breesen. Groß Breesen wurde 1293 erstmals urkundlich erwähnt und ist heute ebenfalls ein Ortsteil der Stadt Guben. Die Kirche des Ortes wurde 1852 errichtet, 10 Jahre vor der Dorfschule. Weiter geht unsere Tour durch die ehemals selbständige, 1370 erstmals erwähnte, Gemeinde Bresinchen, seit 1993 ebenfalls ein Ortsteil der Stadt Guben.
Ca. 7,5 km nördlich von Guben erreichen wir Coschen. Der Ort bestand bereits als slawische Burgwall-Siedlung, wurde aber erst 1414 erstmals urkundlich erwähnt. Seit 1880 ist Coschen ein Haltepunkt an der Bahnstrecke Frankfurt/O. – Cottbus. Seit 2004 ist Coschen wieder über die Neiße durch eine „Neißewelle“ getaufte Brücke mit dem benachbarten polnischen Zytowan (Seitwann) verbunden. In Coschen überqueren wir die Bahnlinie Frankdurt/O. – Guben, fahren auf der Hauptstraße Richtung Neißebrücke und biegen kurz vor der Brücke links ab. Dann geht es immer auf dem Neißedeich noch wenige KM bis zur Mündung der Neiße in die Oder bei Ratzdorf.
Ratzdorf liegt am Zusammenfluß von Oder und Lausitzer Neiße als Sackgassendorf auf einer Talsandinsel der Oder-Aue. Es wurde 1316 erstmal urkundlich erwähnt und ist ein Ortsteil der Gemeinde Neißemünde.
Hier in Ratzdorf endet unsere Tour, auf der wir der Lausitzer Neiße auf ihrem 254 km langen Lauf von der Quelle bis zur Mündung gefolgt sind. Am Pegelhaus Ratzdorf gibt es ein nettes Cafè, welches sich für eine Pause anbietet. Bis zum nächsten Bahnhof, nach Wellmitz, sind es nur ca. 3 km. Von hier haben wir die Möglichkeit, halbstündlich nach Frankfurt/Oder bzw. Cottbus zu fahren.
Länge der Strecke: 95,1 km
Verlauf der Strecke: Leknica / Bad Muskau / Köbeln / Pusack / Zelz / Bahren / Klein Bademeusel / Groß Bademeusel / Forst / Grießen / Groß Gastrose / Klein Gastrose / Schlagsdorf / Guben / Groß Breesen / Bresinchen / Coschen / Ratzdorf / Wellmitz
Beschaffenheit der Strecke: saparate,. gut ausgebaute Radwege, wenig, aber gut befahrbare Feld- und Waldwege, wenig Land- und Ortsstraßen
Dowonload der GPX-Datei: Neiße-Radweg Leknica – Neißemündung