Wir beginnen unsere Radtour am Bahnhof in Tantow, einem kleinen Dorf im äußersten Nordosten Brandenburgs, kurz vor der polnischen Grenze. Tantow , 1255 gegründet, liegt im Landkreis Uckermark und zählt heute ca. 900 Einwohner. Von hier aus wollen wir einige der schönsten Radwege auf ehemaligen Bahntrassen in Pommern, nahe der Neumark und der deutschen Grenze befahren.
Vom Bahnhof Tantow aus fahren wir nach links und folgen der Bahnhofstraße ca. 1 km bis zum Ortsende. Hier beginnt der sehr gut ausgebaute Radweg in Richtung Rosow. Nach weiteren 1 km biegen wir rechts ab und folgen dem Radweg ca. 3 km bis nach Neurochlitz. Der Ort, erst 1949 als Neubauernsiedlung gegründet, ist heute ein Gemeindeteil von Mescherin.
Der kleine Ort ist schnell durchquert und weiter geht es ca. 2,5 km bis nach Staffelde, einem weiteren Ortsteil von Mescherin. Staffelde, erstmals 1295 erwähnt, kam nach dem II. Weltkrieg unter polnische Verwaltung. Die deutschen Einwohner wurden vertrieben, der Ort blieb leer. 1951 kam der Ort im Zuge eines Gebietsaustausches zur DDR und wurde wieder neu besiedelt. Er ist somit der einzige Ort in Deutschland, der nach vorübergehender polnischer Verwaltung zwischen 1945 und 1951 wieder deutsch wurde.
Am Ortseingang sehen wir unmittelbar links neben dem Radweg einen nachgebauten Grabhügel. Der originale Grabhügel aus der Bronzezeit wurde 1877 abgetragen. Der ursprüngliche Grabhügel war 6,50 m hoch. Er enthielt mehrer Urnen, eine Steinkiste und Scherben aus einer Bestattung 500 – 450 vor unserer Zeitrechnung. In den Urnen fanden sich Knochenreste und Asche. Schätze wurden keine gefunden. Staffelde ist schnell durchquert und weiter geht es über die Bundesstraße B 113 auf einer rechts steilen Abfahrt in Richtung polnische Grenze. Bei Mescherin überqueren wir die Grenzbrücke über die Westoder, fahren dann quer durch den polnische Landschaftspark „Unteres Odertal“, und erreichen nach Überquerung der Ostoderbrücke den polnischen Ort Gryfino.
Gryfino, als Greifenhagen am 01.03.1254 gegründet, gehörte bis zum 30jährigen Krieg zu Pommern, dann zu Schwedisch–Pommern und seit 1677 zu Preußen. Nach dem II. Weltkrieg kam es zu Polen und wurde in Gryfino umbenannt. Die Kreisstadt hat eine sehr schöne Uferpromenade an der Oder. Ganz in der Nähe steht ein Wahrzeichen der Stadt, die katholische Pfarrkirche Mariä Geburt. Vor dem Krieg war es die evangelische Stadtpfarrkirche St. Nikolaus. Der Bau wurde 1250 aus Feldsteinen begonnen und später backsteingotisch vollendet. Im Innern findet sich ein Chorgestühl aus dem 16. Jahrhundert und eine Kanzel von 1605. Auf unserem Weg stadtauswärts fahren wir am Brama Banska (St.-Georgs-Tor) vorbei, einem Torturm mit Resten der Stadtmauer von 1300.
Wir verlassen die Stadt in Südöstlicher Richtung auf der Straße „Armii Krajowej. Nach ca. 4 km haben wir den Beginn des ersten Bahntrassenradweges erreicht. Hier in Szczawno (Vogelsang) fahren wir auf den Radweg auf der Trasse der ehemaligen Greifenhagener Kleinbahnen. Die Strecke von Sczawno bis nach Swobnica (Wildenbruch) wurde 1895 eröffnet und 1983 bzw. 1990 stillgelegt. Der Radweg entstand von 2012 bzw. 2018. Die nächsten 6 km radeln wir auf einem wunderbar ausgebauten Radweg durch dichten pommerschen Wald, entlang des 10,42 ha großen Jezioro Chwarstnickie (Schönfeldsee). Wir streifen den Ortsrand von Chwarstnica (Klein Schönfeld, 1173), fahren am ehemaligen Bahnhof vorbei und setzen unseren Weg weitere 11 km auf der ehemaligen Bahntrasse, davon 7 km durch herrliche Wälder, fort. Wir fahren an dem kleinen Dorf Borzym (Borin) vorbei und erreichen schließlich Lubanowo ( Gut Liebenow). Das Dorf entstand fand seine erste Erwähnung 1330 als Eigentum einer Komturei der Tempelritter. Die Dorfkirche „Christus der König“ wurde Mitte des 13. Jahrhunderts aus Feldsteinen errichtet.
Das kleine Dorf ist schnell durchquert. Am Ortsausgang finden wir einen Rastplatz, der an der Stelle des ehemaligen Bahnhofs von Lubanowo errichtet wurde. Das Bahnhofsgebäude ist nicht mehr vorhanden. Nur ein Schienenstück errinnert noch daran. Wir fahren weiter auf dem Bahntrassenradweg der ehemaligen Greifenhagener Kleinbahn und erreichen nach ca. 5 km den Ort Banie (Bahn).
Der Radweg berührt den Ort nur an der westlichen Peripherie. Da Banie aber ein interessante Geschichte hat, weichen wir kurz von der Bahntrasse ab, um uns näher umzuschauen. Auf der Fahrt ins Zentrum von Banie kommen wir an der St.-Georgs-Kapelle vorbei, einem Bau aus dem 15. Jahrhundert. Banie wurde 1234 erstmals urkundlich erwähnt und gehörte dem Templerorden. Wann das Stadtrecht verliehen wurde, ist nicht bekannt. Nach Aufhebung des Templerordens ging die Stad 1312 in den Besitz des Johanniterordens über. 1648 kam die Stadt an Schweden und 1679 zu Brandenburg. Im Frühjahr 1945 wurde Bahn unter polnische Verwaltung gestellt, das Stadtrecht aberkannt, die deutsche Bevölkerung vertrieben und das nunmehrige Dorf in Banie umbenannt. Bahn gehörte bis 1945 zu den ältesten Städten Pommerns.
Banie liegt auf einem Hügel am Nordostufer des Dluzec-Sees. Dort erhebt sich auch die katholische Kirche Zur Heiligen Jungfrau, eine Granitsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert. Der Altar im Kircheninnern datiert vom 17. Jahrhundert. Wir verlassen den Ort und begeben uns wieder auf unseren Bahntrassenradweg. Auf dem Weg zu unserem nächsten Etappenziel, Swobnica (Wildenbruch in Pommern), fahren wir ca. 7 km durch den Wald am Westufer des 343 ha großen Jezioro Dlugie (Langer See) entlang, den das Flüßchen Tywa bildet und der sich zwischen Banie und Swobnica erstreckt.
Wildenbruch in Pommern wurde 1345 erstmals urkundlich erwähnt. 1377 begannen die Johanniter, als Nachfolger der Templer einen neuen Komtursitz in Wildenbruch zu erbauen, der 1382 bezogen wurde. Nach der Reformation gehörte die Komturei Wildenbruch zum Teilherzogtum Pommern-Wolgast.1648 wurde Wildenbruch ein Teil von Schwedisch-Pommern und 1679 kam der Ort an Brandenburg. 1945 kam Wildenbruch unter polnische Verwaltung und wurde in Swobnica umbenannt. Im Ort finden wir die frühgotische Dorfkirche St. Kasimir aus dem 13. Jahrhundert, aus Feldsteinen und Granit gemauert. Der Ziergiebel wurde mit Backsteinen gefertigt. Hier in Swobnica endert der Bahntrassenradweg. Bevor wir unsere Fahrt fortsetzen, besuchen wir noch das am südlichen Ortsrand, am Grodziskim-See gelegene Johanniterschloß, den ehemaligen Sitz der Komturei Wildenbruch. Es ist heute in einem sehr schlechten Zustand. Das Schloß wurde 1680 von der zweiten Gemahlin Des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg erworben und im barocken Stil umgebaut. 1788 fiel das Schloß an das preußische Königshaus. Die polnische Verwaltung übernahm 1945 ein intaktes Schloß das zunächst in Wohnungen umgewandelt wurde. 1948 wurde es Teil eine Landwirtschaftsbetriebes. Seit 1957 steht es unter Denkmalschutz. Ab 1960 setzte auf Grund von Mitssnutzung (u.a. Getreibelager) der Niedergang des Schlosses ein. Seit 1970 stand es leer. 2008 stürzte der nördliche Seitenflügel ein. 2009 gründete sich in Polen und 2010 in Berlin ein Förderverein. Seit 2011 ist des Schloß Eigentum der Gemeinde Banie. Inzwischen sind der Turm sowie die Dächer des Hauptgebäudes und des südlichen Seitenflügels saniert. Der Turm kann bestiegen werden, die Aussicht ist phantastisch.
Nach der Schloßbesichtigung kehren wir nach Swobnica zurück, biegen im Ort rechts ab, überqueren das Flüsschen Tywa und fahren die nächsten 6 km auf einem gut ausgebauten Waldweg in Richtung Strzeszow. Unser Weg führt an zahlreichen Seen, die von der Tywa gespeist werden, vorbei. Nach 6 km durchqueren wir das kleine Dörfchen Strzeszów (Stresow) am gleichnamigen See gelegen. Im Zentrum des Dorfes steht die Geburtskirche der Jungfrau Maria aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Eine der Turmglocken stammt aus dem, Jahre 1579. Im Kircheninnern findet sich ein Epitaph von 1598. Wir fahren weiter und erreichen nach 3 km unser nächstes Etappenziel, die Kleinstadt Trczinsko-Zdrój (Bad Schönfließ).
Trczinsko-Zdrój enststand aus einer slawischen Siedlung. 1281 kam der Ort unter dem Namen Schowenfliet zu Brandenburg. 1402 – 1454 gehörte die Stadt den Rittern des Deutschen Ordens. 1433 verwüsteten die Hussiten die Stadt. Ende des 19. Jahrhundert wurde Schönfließ zum Badeort (Moorbad). 1907 bekam es den Titel „Bad“ verliehen. Den 2. Weltkrieg überstand die Stadt ohne große Zerstörungen. 1945 kam die Stadt unter polnische Verwaltung und wurde in Trczinsko-Zdrój umbenannt. Im Zentrun der Stadt befindet sich ein vierseitiger Markplatz mit dem Rathaus von 1409. Das Haus gilt als eines der ältesten und am besten erhaltenen Denkmäler dieser Art in Polen. Unweit davon befindet sich die Kirche „Unserer Lieben Frau der ewigen Hilfe“, die von 1260 bis 1280 als katholische Kirche erbaut wurde. 1536 wurde sie während der Reformation in eine protestantische Kirche umgewandelt. 1946 erfolgte die Rückumwandlung in eine katholische Kirche. Trczinsko-Zdroj wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts mit einer Stadtmauer umgeben, die 30 Türme hatte. Davor lagen ein Wassergraben und ein Damm. Im 18. Jahrhundert wurde ein goßer Teil dieser Befestigungen abgetragen. Im 19. Jahrhundert schüttete man den Wassergraben zu, beseitigte den Damm und ersetzte das alles durch Grünflächen und Parkanlagen.
Einige Stadttore und Türme sowie Mauerabschnitte sind noch erhalten. Am Ausgang der Straße Richtung Chojna steht das 18 m hohe Brama Chojenska (Chojenska-Tor), erbaut im 15. Jahrhundert. An der Straße, die aus dem Ort heraus nach Myslibórz führt, steht das Brama Mysliborska (Mysliborska-Tor aus dem 14. Jahrhundert.. Es ist 20,25 m hoch und war das stärkste und wichtigste Verteidigungsgebäude der Stadt.
Wir verlassen die Stadt durch das Chojenska Tor und fahren auf der Straße Nr. 26 in Richtung Chojna. Nach 11 km erreichen wir Barnkowo (Bernickow), früher ein kleines Dorf, heute ein Stadtteil von Chojna. Auf dem Weg ins Stadtzentrum fahren wir in Barnkowo an der St. Markus Kirche aus dem 15. Jahrhundert vorbei. Nach Überquerung des Bahnübergangs am Bahnhof Chojna passieren wir das Brama Barnkowska (Bernickower Tor), ein Teil der ehemaligen Stadtbefestigung von Chojna. Chojna (Königsberg in der Neumark) entwickelte sich aus einer frühslawischen Burg, die hier vom 10. bis 12. Jahrhundert bestand. Nach 1200 erhielt der Ort als Königsberge das Stadtrecht. 1262 wurde die Stadt Hauptort der Neumark. Im 13. und 14. Jahrhundert wurden die Stadtmauer und 3 Stadttore errichtet (Schwedter Tor, Bernickower Tor und das im 19. Jahrhundert abgerissene Vierradener Tor). 1282 wird zum ersten Mal die Pfarrkirche St. Marien erwähnt. Sie gehört heute mit ihrem 102 m hohen Turm zu den größten und bedeutendsten Backsteinbauten des Mittelalters im gesamten Oderraum. 1410 wurde das Rathaus errichtet, welches heute zu den bedeutendsten gotischen Bauwerken in der Neumark gehört. 1402 bis 1454 gehörte Königsberge zum Ordensstaat des Deutschen Ritterordens, danach wieder zu Brandenburg. 1930 richtete die deutsche Luftwaffe vor den Toren der Stadt den Fliegerhorst Königsberg-Neumark ein. Nach 1945 kam die Stadt unter polnische Verwaltung und wurde zunächst in Wladiyslawsko umbenannt. Am 21.08.1945 erfolgte eine weitere Umbenennung in Krolewiec nad Odra. Am 07.05.1946 erfolgte dann die endgültige Umbenennung in Chojna nad Odra.
Wir verlassen Chojna auf der Straße Nr. 31 in Richtung Norden. Ca. 1 km nach Passieren der Stadtmauer biegen wir links auf die Ortsverbindungsstraße nach Nawodna ab. Nach ca. 4 km haben wir das kleine Dorf Nawodna (Nahausen) erreicht. Sehenswert ist hier die Dorfkirche aus dem 14. Jahrhundert, die nach einem Großbrand 1964 ab 1968 wieder aufgebaut wurde. In Nawodna biegen wir links ab und fahren ca. 800 m über eine kleine Ortsstraße nach Garnowo (Reichenfelde), einem kleinen Dorf mit nicht einmal 100 Einwohnern. Im Ort steht eine sehenswerte Dorfkirche. Es ist ein gotischer Feldsteinbau aus dem 13./14. Jahrhundert. Im 16./17. Jahrhundert war sie eine bekannte Pilgerstätte, zu der viele Pilger kamen, da in der Kirche ein bedeutsames Marienbild – Maria miraculosa – aufbewahrt wurde. Die Orgel wurde der Kirche 1758 von Markgraf Friedrich Wilhelm geschenkt.
Nachdem wir das kleine Dorf durchquert haben, fahren wir am nördlichen Ende in den Waldweg. Wir folgen diesem festen und glatten Weg 6 km und erreichen die Straße 122 Krajnik Dolny – Ognica. Hier biegen wir links ab nach Krajnik Dolny (Niederkränig). Den Grenzort an der Oder erreichen wir schon nach wenigen hundert Metern. Wir überqueren die Grenzbrücke über die Oder, fahren quer durch den Nationalpark Unteres Odertal und über die Schwedter Brücke über die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße. Am Ender der Brücke biegen wir rechts ab auf die Schwedter Uferpromenade. An deren Ende fahren wir über Wasserplatz, Karl-Marx-Straße und Bahnhofstraße zum Bahnhof Schwedt, an dem unsere Tour zu Ende geht.
Länge der Strecke: 93,3 km
Verlauf der Strecke: Tantow / Neurochlitz / Staffelde / Gryfino / Szczawno (Beginn des Bahntrassenradweges) /Chwarstnica / Lubanowo / Banie / Swobnica (Ende des Bahntrassenradweges) / Strzeszów / Trzcinsko-Zdrój / Chojna / Garnowo / Grabowo / Krajnik Dolny / Schwedt
Beschaffenheit der Strecke: überwiegend gut ausgebaute Radwege, feste Waldwege, wenig befahrene Straßen
Download der GPX-Datei: Tantow-Trzcinsko Zdroj-Schwedt