Wir wollen heute den ersten Teil des Havelradweges unter die Räder nehmen. Als Qellgebiet der Havel gilt heute das Diekenbruch südöstlich von Ankershagen im Nord-Osten des Müritz-Nationalparks. Die Havel ist ein 334 km langer, rechter Nebenfluß der Elbe. Die Entfernung zwischen Quelle und Mündung beträgt nur 94 km, der Höhenunterschied 40,6 m. Die Havel durchfließt auf ihrem Weg zur Elbe Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt und mündet an der Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt in die Elbe. Nach Moldau und Saale führt die Havel die drittgrößte Wassermenge pro Sekunde unter den Nebenflüssen der Elbe. Als historischer Quellsee der Havel gilt der Bornsee im Müritz-Nationalpark. Der Havelradweg, auf den wir uns nun begeben wollen, ist bis zur Mündung 371 km lang und gilt als einer der schönsten Flußradwege Deutschlands.
Wir beginnen unsere Tour am Bahnhof Kratzeburg, der der Havelquelle am nächsten liegt und mit dem RE 5 von Berlin im Stundentakt erreichbar ist. Wir wenden uns vom Bahnhof nach links in die Dorfstraße und biegen nach ca. 400 m Metern rechts in den „Karrenstieg“, einen befestigten Feld- und Waldweg ein, der uns entlang des Diekenbruchs nach Dambeck (1257) führt. Nach einigen hundert Metern auf den „Karrenstieg“ steht am linken Rand ein historischer Grenzstein, der die Grenze zwischen den Großherzogtümern Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin markierte. Mecklenburg-Strelitz entstand 1701 als Folge eines Erbvergleichs, war 2930 km² groß und mit nur 36 EW pro km² eine der am dünnsten besiedelten Gegenden Deutschlands. Die bekannteste Persönlichkeit des Großherzogtums war die preußische Königin Louise (1776-1810). Das Großherzogtum bestand bis zu seiner Eingliederung in das Land Mecklenburg 1934. Der „Karrenstieg“ führt durch herrlichen Laubwald zunächst nach Dambeck, seit 1951 ein Ortsteil von Kratzeburg. Der „Karrenstieg“ erhielt seinen Namen, weil auf ihm die Fischer der Gegend ihren Fang in Handkarren zum Markt transportierten.
1879 entstand in Dambeck eine Schnapsbrennerei, aus der sich später eine Konservenfabrik entwickelte. Der Schlossherr von Dambeck ließ 1937 den „Karrenstieg“ mit Schlacke aus dem Reichsbahndepot Neustrelitz befestigen. Das ehemalige Gutshaus (Schloss) von Dambeck beherbergt heute eine Familienferienstätte der AWO. Von Dambeck geht es weiter durch den Laubwald, bis wir nach ca. 5 km die (neue) Quelle der Havel südlich des Mühlensees erreichen. Hier, im Müritz-Nationalpark beginnt der Havelradweg.
Da der eigentliche, südliche Havelabfluss aus dem Mühlensee durch Meliorationsarbeiten seit dem 16. Jh. mehrfach verändert wurde, wurde 2007 eine neue, „falsche“ Havelquelle angelegt. Auf den Steinen ringsum sind die Wappen der Städte dargestellt, durch die die Havel fließt. Auf der Stele finden sich die Namen der Städte. Der Mühlensee wurde durch Mönche im 16. Jh. mit einem Damm vom Diekenbruch abgeriegelt, um sein Wasser in Richtung Osten durch einen künstlichen Bach zum Betrieb zweier Mühlen fließen zu lassen. Damit wurde auch die Wasserscheide zwischen Nord- und Ostsee nach Süden verschoben.Der Havel-Radweg führt uns zunächst wieder in Richtung Kratzeburg. Ca. 500 m östlich der Havelquelle passieren wir die Ruine einer Feldscheune, die als einziger Überrest einer von Mönchen im 16. Jh. errichteten Wassermühle erhalten blieb. Weiter geht es über die Ulmenallee nach Pieverstorf (1273 erstmals erwähnt), seit 1957 ein Ortsteil von Kratzeburg. In Pieverstorf (nur 70 Einwohner), findet sich südlich des
Gutshauses ein wendischer Burgwall, der als einer der größten bronzezeitlichen Burgwälle Norddeutschlands von der Besiedlung des Havelquellgebietes bereits um 1000 vor unser Zeitrechnung kündet. Weiter führt uns unser Weg vorbei am Dambecker See, den Pieverstorfer Bergen (105 m) und dem Röthsee Richtung Kratzeburg, welches wir bei km 11 unserer Tour erreicht haben. Hier überqueren wir ca. 5,5 km nach der Quelle wieder die Havel, die hier nur ein unscheinbarer Bach ist. Kratzeburg wurde 1170 erstmals als slawische Burg erwähnt. Im 14. und 15. Jh. stand hier eine Burg des niederen Adels auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel, der heute noch zu sehen ist. Im Ort gibt es eine sehenswerte Fachwerkkirche von 1786. Wir fahren die Dorfstraße entlang, nach links durch die Bahnunterführung in Richtung des Ortsteils Dalmsdorf, den wir nach 2 km erreichen. Der Weg führt auf separatem Radweg an der Kreisstraße K 26 entlang des Käbelicksees in Richtung Babke. Ungefähr bei km 14,5 queren wir
wieder die Havel, die hier vom Käbelicksee in den Granziner See fließt, bereits 3 – 4 m breit und ein beliebtes Paddelgewässer ist. Am Ende des Granziner Sees biegen wir bei km 15,3 links auf den sehr gut ausgebauten Radweg nach Babke ein und folgen diesem die nächsten 6 km. Die Tour führt durch eine absolut ruhige Gegend, wunderschöne Wälder, vorbei am Zotzensee und zahlreichen Feuchtbiotopen. In Babke (1257), einem OT von Roggentin in der Stadt Mirow ist die denkmalgeschützte Backsteinkirche von 1901 mit Fenstern des Vorgängerbaus von 1719, Resten eines geschnitzten Marienaltars aus dem 15. Jh., einem gleichaltrigen geschnitzten Kruzifix und einem 2 m hohen achteckigen Taufbecken aus der 1. Hälfte des 17. Jh. sehenswert. Von Babke fahren wir entlang der Ortsstraße K 2 nach Blankenförde-Kakeldütt (1256), einem Ortsteil der Stadt Mirow, und überqueren kurz hinter dem Ortsausgang wieder die Havel, die hier Steinhavel heißt und in den Jäthensee fließt. In Blankenförde-Kakeldütt sind eine evangelische Fachwerkkirche (1702 errichtet, nachdem Vorgängerbau im 30-jährigen Krieg abgebrannt war) und ein Gutshaus von 1800 sehenswert.
Nach der Durchquerung des Ortes setzen wir unsere Fahrt durch die Wälder des Müritz-Nationlparks in Richtung Wesenberg fort. Wir fahren auf separatem Radweg am Mühlensee vorbei, entlang der L 25 durch Useriner Mühle (1346, 50 EW) in Richtung Bahnhof Groß Quassow. Ab hier gibt es wieder einen gut ausgebauten Radweg entlang des Woblitzsees nach Wesenberg. In Useriner Mühle umrunden wir die Südspitze des Useriner Sees, ab hier, nur 12 km von der Quelle, ist die Havel schiffbar. Vom Useriner See fließt die Havel über den Havelkanal und die Schleuse Zwenzow in den Großen Labussee. Ab hier ist die Havel mit Motorkraft befahrbar. Vom Großen Labussee fließt die Havel in den Woblitzsee, an dessen Ufer die Stadt Wesenberg (1252) liegt. Im Südosten der Stadt gab es eine hochmittelalterliche Turmhügelburg, errichtet im 13. Jh., von der nur noch der Bergfried und Reste der Umfassungsmauer erhalten sind. Nachdem wir Wesenberg verlassen haben, fahren wir
zunnächst 1,5 km an auf einem „Radweg“ an der B 122 (Wustrower Chaussee) entlang. Der Weg ist eigentlich nur ein Trampfelpfad, der weder die Bezeichnung Weg, schon garn nicht „Radweg“ verdient. Aber, er ist benutzungspflichtig (weißes Rad auf blauem Grund)! Wer glaubt es geht nicht noch schlimmer – weit gefehlt! Am Ende dieses Pfades biegt der Weg rechts ab und führt bergauf in den Wald über die Wilhelmshöhe. Hier war vor langer Zeit einmal eine Asphaltdecke, die aber nur noch in Resten zu merken ist. Dieser „Weg“ ist eine Herausforderung für Mountenbiker, aber für Tourenradler unmöglich und nur als Schiebestrecke nutzbar. Nach Bewältigung des kleinen Berges setzt sich der „Radweg“trampelpfad ca. 5 km fort. Der Pfad wird von einem Waldweg begleitet, der aber für Radler auf Grund seiner schlechten Beschaffenheit nicht nutzbar ist. Wir fahren immer durch den Wald, vorbei am Pommelsee, dem Peetschsee und erreichen bei km 47,5 den kleinen Ort Seewalde (1904, Ortsteil der Stadt Wustrow) zwischen Gobenowsee und Pagatzsee. Ab hier fahren wir zwischen Gobenowsee und Klenzsee hindurch, ca. 3 km auf der Kreisstraße K 6 Richtung Neu Canow, wo wir wieder auf die Bundesstraße B 122 treffen. Diese fahren wir ca. 300 m
nach rechts bergauf, um dann sofort nach links in den Wald einzubiegen. Der
Havelradweg führt nun als Waldweg am Trünnensee und Buchsee entlang, an der Südspitze des Plätlinsees vorbei nach Strasen (1317 als Burg Strasen erwähnt), einem kleinen Ort mit 220 Einwohnern, seit 2000 ein Ortsteil der Stadt Wesenberg. Strasen liegt idyllisch zwischen dem Großen Pälitzsee und dem Ellbogensee. Wir überqueren in Strasen einen Kanal, der beide Seen und damit die Müritz-Havel-Wasserstraße mit der Oberen-Havel-Wasserstraße verbindet.
Von Strasen aus fahren wir das letzte Teilstück über den Fürstenberger Weg durch den Wald. Kurz vor Grossmenow (1418), einem Gemeindeteil von Steinförde (1350) (Ortsteil der Stadt Fürstenberg), passieren wir die Landesgrenze zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Schlagartig wird der Radweg besser und auch die Ausschilderung, die in MV doch sehr zu wünschen übrig läßt. Von Grossmenow aus sind es nur noch 8 km entspannten Fahren auf einem sehr guten Radweg über Steinförde, am Südufer des Röblinsees entlang bis nach Fürstenberg von wo wir im Stundentakt mit dem RE 5 wieder nach Berlin zurückfahren können.
Streckenlänge: 68,47 km
Verlauf der Strecke: Bhf. Kratzeburg / Dambeck / Havelquelle / Pieverstorf / Kratzeburg / Dalmsdorf / Blankenförde-Kakeldütt / Zwenzow / Useriner Mühle / Wesenberg / Neu Drosedow / Seewalde / Strasen / Grossmenow / Steinförde / Fürstenberg
Beschaffenheit der Strecke: Waldwege, ruhige Kreisstraßen, ein kurzes Stück Trampelpfad, feste Radwege, Fahrradstraßen
Download GPX-Track: HavelradwegIVonDerQuelleBisFürstenberg